Hat die Technologie der Feststoffbatterie Potenzial?
Höher, schneller, aber im Falle von E-Autos hauptsächlich weiter lautet das Ziel vieler Pilotprojekte und Forscher. Der Wettlauf um die höheren Reichweiten von Elektrofahrzeugen ist längst im Gange. So gibt es beispielsweise Konzeptfahrzeuge wie den Vision EQXX von Mercedes, die schon heute eine Reichweite von über 1000 Kilometer vorweisen können. Und diese Strecken sollten normal sein.
Es erscheint logisch, bei dem Speichermedium des Fahrzeugs anzusetzen, der Autobatterie. Neue Batterietechnik ist allerdings ein hochkomplexes Thema. Deshalb haben wir beim Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS angefragt und konnten Dr. rer. nat. Holger Althues, Abteilungsleiter Chemische Oberflächen- und Batterietechnik als Experten gewinnen. Umschalten.de hat nachgefragt: Was ist eine Feststoffbatterie überhaupt? Was sind die Unterschiede zu den herkömmlichen Autobatterien und wann können auch Privatverbraucher mit Feststoffakkus in ihren E-Autos rechnen?
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Feststoffbatterie und wie funktioniert sie?
Zunächst ist der Begriff „Feststoffbatterie“ ein Überbegriff für Batterien, die statt eines flüssigen Elektrolyten, also Leitsalz, gelöst in einem Lösungsmittel einen Feststoff als Ionenleiter zwischen Kathode und Anode einsetzen. Hier werden verschiedene Arten dieser Festelektrolyte unterschieden, die wiederum mit verschiedenen Speichermaterialien eingesetzt werden können. Es gibt also unterschiedliche Ansätze in der Forschung, die sich teilweise stark in den jeweiligen Charakteristika unterscheiden. In einer Feststoffbatterie übernimmt ein Feststoff die Ionenleitung zwischen positiver und negativer Elektrode. Die Speichermechanismen können aus anderen Batterien übernommen werden, funktionieren also an sich gleich. Die Herausforderung ist also weniger die Idee an sich, sondern die Umsetzung.
Feststoffbatterie Vorteile und Unterschiede zu herkömmlichen Batterien
Durch den Einsatz fester Elektrolyte ergeben sich einige Besonderheiten und neue Möglichkeiten:
Mit der Verwendung fester Elektrolyte sparen sich Hersteller Platz und Gewicht. Zusätzlich nimmt die Brennbarkeit/Entzündlichkeit gegenüber den flüchtigen organischen Lösungsmitteln in konventionellen Elektrolyten ab. In einigen Fällen kann die Brennbarkeit der Festelektrolyte sogar gleich null sein. Dadurch kann bei der serienmäßigen Nutzung die Sicherheit erhöht werden. Wir wissen zwar inzwischen, dass bei E-Autos keine erhöhte Brandgefahr besteht, doch eine Verbesserung der Sicherheit der Passagiere ist immer eine positive Entwicklung. Dadurch, dass die Hersteller dank der erhöhten Sicherheit weniger Kühl- und Sicherheitseinrichtungen benötigen, wird alles kompakter und leichter. Was sich im Umkehrschluss wieder auf den Verbrauch und die Reichweite auswirkt. Weiterhin erhofft man sich durch die Festelektrolyte die Ermöglichung neuer Speichermaterialien und Konzepte. Insbesondere der Einsatz einer Lithium-Metall-Anode (statt konventioneller Grafitanoden) würde eine deutliche Steigerung der Energiedichte (gespeicherte Energie pro kg oder Liter Batterie) bewirken. Mit Flüssigelektrolyten konnte bisher die Lithium-Metallanode nicht sicher und stabil genug eingesetzt werden. Konkret bedeutet das laut Dr. Althues eine Steigerung der Reichweite von bis zu 50%! Auf diesem Gebiet forscht das Fraunhofer-Institut aktiv und sieht Lithium-Metall-Anoden als „Schlüsselelement für die Batteriesysteme der Zukunft“.
Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung von Festkörperbatterien?
Das Prinzip der Festkörperbatterie scheint recht einfach zu sein, aber warum gibt es sie noch nicht serienmäßig? Die größte Herausforderung ist ganz klar die Verarbeitung beziehungsweise die Herstellung. Damit die Batterie funktioniert, muss der Elektrolyt fein verteilt mit den anderen Zellkomponenten zusammengebracht werden. Während das bei Batterien mit Flüssigelektrolyten recht einfach funktioniert und diese einfach nachträglich mit ihr „befüllt“ werden und so dann alle Zwischenräume und Grenzflächen automatisch benetzt werden, ist dieser Prozess bei festen Elektrolyten sehr aufwendig und komplex. Für die serienmäßige Nutzung von Festkörperbatterien sind also neue Verarbeitungsmethoden zu entwickeln.
Neben den Herausforderungen zur Herstellung von Materialien, Komponenten und Zellen sind stabile Grenzflächen zwischen den Zellbestandteilen (insbesondere zwischen Elektroden und Elektrolyt) von großer Bedeutung. Die aktuelle Forschung widmet sich diesen Fragestellungen und spezielle Beschichtungen der Lithium-Metall-Anode, bzw. der Kathodenmaterialien sind vielversprechende Lösungsansätze
Wann kommt die Feststoffbatterie serienmäßig?
Obwohl bestimmte Varianten der Feststoffbatterie bereits in Fahrzeuganwendung erprobt wurden, erwarten viele Hersteller und Experten erst 2025 eine Marktreife. Unser Experte Dr. Althues erwartet einen flächendeckenden Einsatz nicht vor 5-10 Jahren. Wenn Sie hauptsächlich wegen der gesteigerten Reichweite auf die Feststoffbatterie warten, haben wir trotzdem gute Neuigkeiten. In der Forschung gibt es auch abgesehen von der Feststoffbatterie viele Ansätze und Pilotprojekte wie beispielsweise das induktive Laden, die sich dem Thema Reichweite annehmen.
Feststoffakku: Endlich nachhaltige Autobatterien?
Die Frage nach der Nachhaltigkeit ist immer wichtig. Für Feststoffbatterien lässt sie sich noch nicht ganzheitlich beantworten. Die Forschung ist immer noch auf der Suche nach der idealen Kombination aus Elektrolyten und Anode. Je nachdem, welche Materialien sich hier durchsetzen, fällt die Nachhaltigkeitsbewertung dementsprechend besser oder schlechter aus. Da sich die Festkörperbatterie in weiten Teilen der Lithium-Ionen-Batterie ähnelt, können Recyclingkonzepte möglicherweise übertragen werden. Wenn sich beispielsweise die Lithium-Schwefel-Batterie des Fraunhofer-Instituts durchsetzen sollte, wäre ein deutlich reduzierter Rohstoffbedarf die Folge und die Batterie dadurch deutlich nachhaltiger.
Fraunhofer IWS forscht: Die Lithium-Schwefel-Batterie
Für ihr Forschungsprojekt „SoLiS – Entwicklung von Lithium-Schwefel Feststoffbatterien in mehrlagigen Pouchzellen“ setzt das Fraunhofer-Institut IWS voll auf Schwefel als Material. Dieses zeichnet eine besonders hohe Speicherkapazität und geringe Materialkosten aus und ermöglicht so den Aufbau sehr leichter und kostengünstiger Feststoffbatterien. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einer Gesamtsumme von knapp 1,8 Millionen Euro gefördert. Neben der Elektromobilität im Sinne von E-Autos könnten die Forschungsergebnisse zum Beispiel Anwendung in der elektrischen Luftfahrt ermöglichen. Wenn Sie mehr zu dem Thema wissen wollen, lohnt sich ein Besuch des Internetauftritts des Fraunhofer-Instituts IWS.
Feststoffbatterien: Zukunftsträchtig und vielversprechend!
Nicht ohne Grund ist das Thema Feststoffbatterie in aller Munde. Neben der erhöhten Sicherheit und einer möglicherweise je nach verwendetem Material nachhaltigeren Produktion ist es vor allem die Reichweitenerhöhung von bis zu 50% die bei uns E-Autofahrern Hoffnung weckt. Dabei ist das Prinzip denkbar einfach und vergleichbar mit einer herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterie. Das einzige Problem, und es ist leider kein kleines, ist die serienmäßige Herstellung und Produktion. Bis zur Feststoffbatterie im eigenen E-Auto wird es vermutlich noch 5-10 Jahre dauern. Aber es ist schön zu wissen, dass die Forschung auf dem Gebiet, wie beispielsweise das Forschungsprojekt SoLiS des Fraunhofer-Instituts IWS, auf Hochtouren läuft. Wir freuen uns schon heute auf die zukünftigen Entwicklungen auf dem Markt der Elektromobilität!
Falls Sie Fragen zu diesem Thema oder der Elektromobilität generell haben, treten Sie mit uns unter in Kontakt!
Wir bedanken uns vielmals bei Dr. Althues und dem Fraunhofer Institut IWS für die gute Zusammenarbeit und ihre Expertise.