Solar LKW: Lohnen sich Panele auf dem Lasterdach?

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Lesedauer: 4 Minuten
Beitragsbild Solar LKW

Sonnenenergie ist überall um uns – doch auf den Straßen Deutschlands bislang quasi nicht sichtbar. Seit 2017 forscht das Fraunhofer ISE an integrierten Photovoltaik-Modulen für Nutzfahrzeuge, praktisch der Nutzung von Solar LKW. Solar-Panele sollen auf den Dachflächen von Nutzfahrzeugen angebracht werden und Strom für den Fahrzeug-Antrieb oder die Waren-Kühlung liefern. Doch kommt während der Fahrt überhaupt genug Sonnenenergie an, um beispielsweise die LKW-Batterie mit Solar zu laden? Sind die Panele nicht zu schwer und starr, um auf einem LKW-Dach sicher zu sein? Und wie viel Einsparungspotential ergäbe sich dadurch überhaupt? Wir haben mit den Forschern des Fraunhofer ISE-Instituts in Freiburg darüber gesprochen.

SOLAR LKW: BIS ZU FÜNF PROZENT ENERGIE SPAREN

Vergleich der durchschnittlichen Emissionen einzelner Verkehrsmittel im Güterverkehr in Deutschland – Bezugsjahr 2018
  Lkw2Güterbahn2Binnenschiff
Treibhausgase1g/tkm1221831
Kohlenmonoxidg/tkm0,0990,0120,088
Flüchtige Kohlenwasserstoffe4g/tkm0,0370,0120,031
Stickoxideg/tkm0,2690,0300,427
Partikel5g/tkm0,0060,0010,010

Quelle: TREMOD 6.03 Umweltbundesamt, 01/2020

g/tkm = Gramm pro Tonnenkilometer, inkl. der Emissionen aus der Bereitstellung und Umwandlung der Energieträger in Strom, Benzin, Diesel und Kerosin
C02, CH4 und N20 angegeben in C02-Äquivalente
Lkw= Lkw ab 3,St, Sattelzüge, Lastzüge
3 Die in der Tabelle ausgewiesenen Emissionsfaktoren für die Bahn basieren auf Angaben zum durchschnittlichen Strom-Mix in Deutschland. Emissionsfaktoren, die auf unternehmens- oder sektorbezogenen Strombezügen basieren (siehe z.B. den „Umweltmobilcheck“ der Deutschen Bahn AG), weichen daher von den in der Tabelle dargestellten Werten ab
4 ohne Methan
ohne Abrieb von Reifen, Straßenbelag, Bremsen, Oberleitungen

 

In den vergangenen Jahren haben die Forscher gemeinsam mit Logistikunternehmen das Einstrahlungspotenzial im realen Logistikbetrieb ermittelt und damit die bislang synthetischen Wettermodelle ergänzt. Damit konnten sie die Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf eine neue Basis stellen. Die Forscher gehen davon aus, dass sich mehr als fünf Prozent der Antriebsenergie eines Solar-LKWs mit fahrzeugintegrierten Solaranlagen gewinnen lassen. Die CO2-Bilanz des Schwerlastverkehrs lasse sich so um fünf bis sieben Prozent verbessern, prognostizieren die Wissenschaftler. Er verursacht aktuell rund sechs Prozent der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor. Und auch wenn seit 1995 zahlreiche Emissionen gesenkt werden konnten (so zum Beispiel die Schwefeldioxid-Emissionen um mehr als 99 % im Vergleich zum Ausgangsniveau), sind die absoluten Kohlendioxid-Emissionen zwischen 1995 und 2018 um über 18 Mio. Tonnen bzw. 22 Prozent gestiegen (Quelle: Umweltbundesamt).

MEHR REICHWEITE DANK SOLAR FÜR LKW

Das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI) hat eigens für das Projekt ein anwendungsbezogenes Energieprognosemodell entwickelt. Damit ausgerüstet sollen die LKW rechnerisch 4.000 bis 6.000 Kilometer zusätzliche Reichweite pro Jahr gewinnen. Das Modell wird abhängig von den Verbrauchern im Fahrzeug und der solaren Stromerzeugung für unterschiedliche Routen die Reichweite, Ladezeiten und Stromerzeugung prognostizieren.

Beitragsgrafik_Solar-LKW

„Auf LKWs findet sich viel Platz in bester Sonnenlage, bei elektrischem Antrieb sind auch große Batterien verfügbar – eine ideale Situation, um mit Photovoltaik wertvolle On-board-Energie und damit Reichweite zu gewinnen, und das 100 Prozent erneuerbar“, erklärt Harry Wirth, Bereichsleiter Photovoltaik-Module und Kraftwerke am Fraunhofer ISE. Neben der LKW-Batterie könnten so auch Kühlaggregate geladen werden.

Die Forscher wollen zwei Modultypen entwickeln. Ein Typ ist für die nachträgliche Montage auf einem LKW-Dach vorgesehen. Der andere Typ soll voll in die Fahrzeugkoffer integrierbar sein. Für beide Typen gelten besondere Anforderungen an Robustheit und Gewicht, die bei Gebäude-Solaranlagen nicht vorkommen: Die Module müssen vibrationsstabil, scher- und biegeresistent sein. Zusätzlich soll sich das Gewicht auf maximal 2,6 Kilogramm pro Quadratmeter beschränken. Als Flächennutzungsgrad streben die Wissenschaftler mehr als 90 Prozent an.

PRAXISTEST: SOLAR LKW FAHREN AUF FREIBURGER STRASSE

Für den Probebetrieb der Leichtbaumodule wurden die Prototypen in die Kofferaufbauten von Elektro-Nutzfahrzeugen, u.a. Kühlfahrzeugen, integriert. Die Leistungselektronik wurde ebenfalls gänzlich neu entwickelt und in die Demonstrationsfahrzeuge eingebaut. Der Praxistest erfolgt im gewerblichen täglichen Verteilerbetrieb in Freiburger Umland. So lässt sich in einer Messkampagne das Einstrahlungspotenzial der gefahrenen Routen erheben. Zudem ist die regelmäßige Prüfung der Leistungsentwicklung und Stabilität der Module unter realen Bedingungen möglich.

IN DER SCHWEIZ SCHON UNTERWEGS: SOLAR LKW FÜR COOP

Bereits seit 2013 arbeitet die Schweizer Supermarkt-Kette Coop mit eigens umgerüsteten Solar-LKWs und gewann dafür 2014 und 2016 nationale und internationale Preise. Die Batterien des vollelektrischen LKWs werden mit Wasserstrom aufgeladen, und bei vollgeladener Batterie hat das Fahrzeug eine Reichweite von 240 Kilometern. Zwei weitere Vorteile: Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach liefert zusätzlich Strom, und der LKW fährt fast lautlos. Trotz seiner Nutzlast von 6 Tonnen verbraucht der Coop Solar-LKW nur ein Drittel der Energie eines Diesellastwagen – lokal völlig emissionsfrei.

GEHEN SOLAR LKW NUN BALD IN SERIE?

Bis die Solar LKW in Serie gehen und auch auf deutschen Straßen häufiger zu sehen sind, wird es wohl noch eine Weile dauern. Damit das Forschungsprojekt auch Früchte trägt, erarbeiten die Forscher einen Prozess für die Serienproduktion. Zusammen mit Partnern aus Logistik und Industrie erstellt das Fraunhofer ISE einen Fertigungsprozessablauf für die wirtschaftliche Produktion von PV-aktiven Kofferaufbauten und analysiert die Fertigungskosten sowie die Wirtschaftlichkeit für Anwender. „Wir wollen die Technologie nicht nur entwickeln, sondern auch zeigen, dass LKWs über fünf Prozent ihrer Antriebsenergie durch Solarenergie abdecken können“, fasst Wirth das Projektziel zusammen.

Dass neue Modelle und Wege gebraucht werden, das erkennt auch die Bundesvereinigung Logistik und sieht beispielsweise in der Elektrifizierung von schweren LKWs über 12 Tonnen ein CO2-Einsparungspotential von über 70 Prozent. Aber was sagen Sie – sind Solar- und Elektro-LKWs die Zukunft für den Warenverkehr auf den Autobahnen? Schreiben Sie uns Ihre Meinung an !

Ein Beitrag von Marcel Duparré

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